19. August 2014

Wohllebengasse - Tim Bonyhady

Die Gallias gehörten zu den assimilierten jüdischen Familien, die es wie die Ephrussi rasch zu Ansehen und Reichtum brachten. Der Unternehmer Moriz und seine Frau Hermine waren bekannt mit Gustav und Alma Mahler, mit Carl Moll und Gustav Klimt. 1913 ließen sie sich ein Haus in der Wohllebengasse bauen und ihre weitläufige Wohnung von Josef Hoffmann einrichten. Zweieinhalb Jahrzehnte später mussten ihre Nachkommen nach dem "Anschluss" das Land verlassen.
Das waren, Gretl Gallia, ihre Tochter Annelore und ihre Schwester Käthe, denen vom beträchtlichen Familienvermögen kaum etwas geblieben ist. Dennoch gelang es ihnen einen Schatz mit sich zu nehmen: die bedeutendste Kunstsammlung einer jüdischen Familie, die Österreich während des "Dritten Reiches" verlassen konnte.

Eine interessante, detailreiche Erzählung der Geschichte.




Ehre - Elif Shafak

London, 12. September 1992 - Esma -
Meine Mutter starb zwei Mal.
Ich habe mir geschworen, ihre Geschichte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, habe aber nie die Zeit oder den Willen oder den Mut aufgebracht, sie niederzuschreiben. Bis vor Kurzem. Ich glauben nicht, dass jemals eine echte Schriftstellerin aus mir wird, aber das ist in Ordnung. Ich bin jetzt in einem Alter, in dem ich meine Grenzen und Fehler besser akzeptieren kann. Aber ich musste die Geschichte erzählen, und sei es nur einem einzigen Menschen. Ich musste sie in die Welt hinausschicken, damit sie losgelöst von uns frei davonschweben konnte. Diese Freiheit war ich Mum schuldig. Und ich musste noch dieses Jahr fertig werden, noch vor seiner Entlassung aus dem Gefängnis.

...Ich werde ihm sein Zimmer zeigen und langsam die Türe schließen. Ich werde ihn dort allein lassen. In einem Zimmer in meinem Haus. Nicht zu nah und nicht zu fern. In diese vier Wände werde ich ihn einsperren, zwischen dem Hass und der Liebe, die ich empfinde, ob ich will oder nicht, und die für immer in einem Kästchen in meinem Herzen verschlossen sind.
Er ist mein Bruder.
Er, der Mörder.

Großartige Darstellung der muslimischen Kulturen - der traditionellen wie der modernen, und ich hätte gewünscht, dass Elif Shafak aus den 500 Seiten 1000 gemacht hätte. Wunderbare Zeilen zum Lesen und einfach nicht zum weglegen!!


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Bewertung 9 von 10