17. Mai 2009

Salman Rushdie

…die alten Kartoffelhexen am Kaspischen Meer setzten sich hin und weinten. Laut schluchzten sie und stießen wilde Klagelaute aus. Ganz Transoxanien trauerte, denn der große Shaibani Khan, der möchtige Lord Wurmholz, Herrscher über das wilde Chorasan, Herr über Samarkand, Herat und Buchara, Spross jenes einzigen wahren Stammes, dem Dschingis Khan entspran, Überwinder von Babar, dem Emporkömmling unter den Moguln…

Ein kleiner Ausschnitt, der sich über 430 Seiten ausbreiten lässt. Geschichtliches Interesse ist vielleicht ein Bonus beim Lesen, oder man sieht es als ein Märchen mit großem Wortvolumen und der wundervollen Erzählkunst von Salman Rushdie - und zum Nachdenken:

…der Herrscher wollte bekennen, wie enttäuscht er insgeheim von allen Mystikern und Philosophen war. Er wollte die Streitigkeiten beiseitefegen, Jahrhunderte der Erbschaft und Reflexion, wollte dem Menschen gestatten, sich nackt wie ein Baby auf den Himmelsthron zu setzen. (Wenn der Mensch Gott geschaffen hatte, konnte er ihn auch wieder abschaffen. Oder war es einer Schöpfung möglich, sich der Macht seines Schöpfers zu entziehen? Ließ sich ein einmal geschaffener Gott nicht mehr zerstören? Konnten solche Phantasmen eine Autonomie gegenüber dem Willen erlangen, die sich unsterblich machte? Der Herrscher wusste darauf keine Antworten, aber schon die Fragen kamen ihm wie eine Antwort vor.)…

Die Geschichten finden auf allen Kontinenten statt und man bekommt von Liebe, Intrigen, Krieg und Folter bis zur Kunst viel geboten. Durch Salman Rushdies Erzählkunst und Phantasie entstehen schöne und ungewöhnliche Bilder beim Lesen, auch von der "bezaubernden Florentinerin“.


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Bewertung 6,5 von 10