16. Juli 2010

Bis zur letzten Stunde, Hitlers Sekretärin erzählt ihr Leben - Traudl Junge

Wie Tagebucheintragungen werden die letzten 3 Jahre mit dem Führer von seiner Sekretärin, Traudl Junge, erzählt. Sie gibt uns einen Einblick über die Aufenthalte im Bunker Wolfsschanze in Ostpreußen und im Frühjahr am Berghof. Es kommt einem vor, als ob die Beteiligten sich auf einer Kur befunden hätten. Die Mahlzeiten wurden alle mit dem Führer eingenommen, meist mit bis zu 20 Leuten, und das Haus im Wald zur Teepause, war dann wie ein Pflichttermin für Jeden. Das Abendessen verlief bis in die Morgenstunden bei gemütlichem Zusammensitzen. Irgendwie schien es, als hätte sich Hitler einen „Familienkreis“ in seiner Abgeschiedenheit oder besser gesagt in seinen Verstecken, geschaffen. Dieser umfasste einige Sekretärinnen, Generäle, Besucher und seine Begleitung, Eva Braun. Irgendwie schein mir als wollte Hitler hier ein „normales“ Leben führen.

Seinen Krieg führte Hitler anscheinend nur hinter seinem Schreibtisch, denn in Traudl Junges Aufzeichnungen wird nie erwähnt, dass Hitler sich an irgendeiner Front sehen ließ. Sich vor Ort den Gräuel seiner Befehle stellte. Außerdem war er davon überzeugt, dass er ein Genie sei, denn er wollte keine Kinder, mit der Begründung: sie würden nur darunter leiden, die Kinder eines Genies zu sein, da sie ja nie noch besser sein könnten als er. Dieser Mensch muss den Bezug zur Realität total verloren haben, schlussendlich ist er ja auch noch zu Feige, sich seiner Verantwortung aller Verbrechen zu stellen. Glaubt es sei ein heldenhafter Abgang seinen Selbstmord anzukündigen und noch jedem vorher die Hand zu schütteln.

Traudl Junge erzählt nie über eine Konfrontation mit dem Schicksal der Juden, das dürfte für Sie ein Thema abseits des Krieges gewesen sein, von dem Sie nichts wusste, oder nichts wissen wollte? Diese Niederschrift fand ja im Jahre 1947 statt, wo Traudl Junge vielleicht auch noch nicht erkannte, wie auch viele andere zu dieser Zeit, was für eine zusätzliche Tragödie zum Krieg selbst, mit der Judenverfolgung, -vernichtung, durch ihren Arbeitgeber Hitler, noch geschah.

Im späteren Alter, sind ihre Gedanken dann doch gereift (es werden dann am Ende des Buches Gedanken und Schreiben späterer Jahre als Anhang beigefügt): Immer konkretere Schuldgefühle belasteten sie – mit einem Mal bricht auch das lange Zeit bequeme Alibi „du warst doch noch so jung“ zusammen. Je älter sie wurde, umso weniger kam sie damit klar, an welcher Tragödie sie mitgewirkt hat. Starke Schuldgefühle und Depressionen waren die Folge. Leider gab es auch für Traudl Junge, kein Mittel es zu vergessen.
(bezieht sich auf Ausgabe 2002)

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 Bewertung 6 von 10