28. Februar 2008

Der lange Gang über die Stationen – Reinhard Kaiser-Mühlecker

Theodor ist Bauer in Oberösterreich, hat eine kleine Wirtschaft und lebt dort mit seinen Eltern. Er heiratet dann eine Frau aus Linz, und sie ist die Richtige, sagt die Mutter.
Seine Frau ist sehr fleißig und brav, sie haben sich sehr gerne.
Theodor beginnt mit dem Bau eines Schafstalles, ein Schaf läuft ja schon fröhlich herum. So, wo nehme ich nun das Geld für die Seitenwände her, und der Frau kann ich zum Geburtstag auch nichts kaufen, das Geld, es wird sonst zu knapp. Und meine Frau fährt nun immer öfters wieder mit dem Zug in die Stadt.

Wissen sie wie das früher war, wie sich der Bauer mit dem Messer noch die Zehennägel ausgeputzt hat und beim Gang in den Stall den Rotz mit den Fingern in die Wiese warf.
Die Frau mit der Mutter hinterm Herd in der Küche steht, ohne Worte, und der fleißige hungrige Bauer dann zum Essen an den Tisch sitzt, ohne Worte.


„Theodor, sagte sie, die jetzt bei mir Angekommene, und setzte sich neben mich ins Gras. „Was sitzt du da alleine auf dem Hügel herum?“
Eine Brise fuhr uns beiden durch das gewärmte Haar. Ich rutschte ein Stück nach vorne und legte mich nach hinten – ein paar Vögel im Himmel, ihre sich kreuzenden Flugbahnen – und schloss die Augen.
„Dein Leben, sagte ich langsam und musste mich nicht bemühen, nachdenklich zu wirken, wie war dein Leben vorher?“ Unter meinem Kopf das zusammengeballte Hemd, das ich ausgezogen hatte, als ich auf dem Hügel angekommen war. Das Gehen hatte mich angestrengt, mir war heiß geworden, und da hatte ich es ausgezogen. So, wie ich vorher gesessen war, lag ich nun: im weißen Unterhemd und mit dieser Frage im Kopf.
Sie legte sich zu mir, ihr Kopf auf meiner Brust, ihr warmer Atem, Sommerluft, und gab keine Antwort.

Der junge 25-jährige Schriftsteller, bekam mit seinem ersten Roman den Literaturpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung überreicht.

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